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Sinharaja Rainforest – Eine Wanderung durch Sri Lankas letzten, urzeitlichen Regenwald

Regenwald Sri Lanka

Im Süd-Westen Sri Lankas, etwa 70 km von der Südküste entfernt; dort, wo die ersten Ausläufer des sri lankischen Hochlandes beginnen, befindet sich das Sinharaja Rainforest Reserve. Der gerade einmal 21 km von Ost nach West und 7 km von Nord nach Süd messende Nationalpark zählt seit 1988 zum UNESCO Weltnaturerbe und stellt eines der letzten, zusammenhängenden Regenwaldstücke Sri Lankas dar. Im Sinharaja Regenwald kann man verschiedene geführte Touren zu Fuß und mit dem Mountainbike unternehmen und sich von der vielfältigen Flora und Faune des Regenwaldes überzeugen. Vor allem aber kann man endlich einmal seine Beine bewegen – etwas, das in Sri Lanka dank Roller, Busse und mangelnder Fußwege eher selten vorkommt.

Nachdem wir am Vortag mit dem Roller von Madiha angereist sind und eine Nacht in Deniyaya verbracht haben, fahren wir mittags nach Pitadeniya, dem nächstgelegenen Eingang zum Nationalpark. In einem Dorf kurz vor dem Park werden wir schon von zwei Mitarbeitern des Sinharaja Rainforest Reserve erwartet – anscheinend wurden wir von dem Hostel, in dem wir gefrühstückt und nach dem Weg gefragt haben, bereits angekündigt. Wir folgen den beiden über holprige Straßen und zerfurchte Wege zum Eingang des Sinharaja Rainforest Reserve. Am Eingang befindet sich das Sinharaja Forest Edge, ein nicht ganz billiges, aber sehr schönes Hostel (und das einzige weit und breit), in dem wir ein Zimmer buchen und unser Gepäck abladen.

Am Eingang nimmt unser Guide, dessen komplizierten Namen ich leider vergessen habe, einen Beutel mit Salz und reibt unsere angefeuchteten Schuhe damit ein. „Gegen die Blutegel“, erklärt er, und beim Blick auf Julius‘ Flip Flops bin ich froh, dass ich mich am Morgen für Turnschuhe und Socken entschieden habe. Sicherheitshalber stecke ich die Hose noch in die Socken und folge dem Guide in den Regenwald.

Hose in die Socken, Salz auf den Schuhen: Es kann losgehen!

Hose in die Socken, Salz auf den Schuhen: Es kann losgehen!

Der kleine, etwa fünfzigjährige Mann mit seinem Wanderstock und seiner freundlichen Art erinnert mich entfernt an Bilbo Beutlin, und alle paar Meter entdeckt er etwas Neues. So deutet er mal mit dem Stock auf wilden Pfeffer oder Zimt; mal auf eine Echse, ein Äffchen oder ein Insekt, das ich ohne sein trainiertes Auge niemals entdeckt hätte. An einer kleinen Holzbrücke springt er plötzlich ins Gebüsch und verschwindet.

Er sucht eine Schlange, die er hier neulich entdeckt hat. Doch nach einiger Zeit kehrt er schulterzuckend zurück – keine Schlange in Sicht. Bei einer kleinen Quelle bleibt unser Guide stehen und lädt uns ein, etwas zu trinken. Julius klettert herunter, nimmt ein paar Schlucke und fängt sich den ersten Blutegel ein. Dieser wie auch die folgenden drei an winzige braune Würmchen erinnernden Exemplare sind jedoch so klein, dass er sie meist problemlos abziehen bzw. mit einem Stock abkratzen kann. Ich bleibe dank meiner Socken-Hosen-Salz Kombination verschont von den Viechern.

Da wo der (wilde) Pfeffer wächst.

Da wo der (wilde) Pfeffer wächst.

Eine Hinweistafel im Regenwald.

Eine Art Farn im Sinharaja Regenwald.

Ein Tausendfüßler rollt sich zusammen, als wir uns ihm mit dem Stock nähern.

Ein Tausendfüßler rollt sich zusammen, als wir uns ihm mit dem Stock nähern.

Eine leuchtend gelb- schwarze Spinne lauert in ihrem Netz.

Eine leuchtend gelb- schwarze Spinne lauert in ihrem Netz.

Die Wanderung ist nicht ganz so abenteuerlich, wie ich sie mir vorgestellt hatte – statt uns mit der Machete den Weg durch undurchdringlichen Dschungel freizukämpfen, spazieren wir gemütlich über ausgebaute Wege und kleinere Brücken und klettern ab und zu mal eine Ansteigung hinauf. Durch die angelegten Wege und die Beschilderungen an jeder Kreuzung könnte man die Wanderung theoretisch auch auf eigene Faust unternehmen – allerdings würde man aber nicht halb soviel sehen.

An einem Baum deutet unser Guide plötzlich nach oben, und als wir seinem Blick folgen, entdecken wir auf einem Ast ein Chamäleon. Der kleine Mann greift von unten an den Ast und biegt ihn vorsichtig herunter, so dass wir das Tier näher betrachten können. Dabei geht er so behutsam vor, dass das scheue Chamäleon sogar auf seine Hand klettert.

Unser Guide hat schon wieder etwas entdeckt.

Unser Guide hat schon wieder etwas entdeckt.

Unser freund, das Chamäleon.

Unser Freund, das Chamäleon.

Unser Guide und das Chamäleon

An einer Wegkreuzung bleibt unser Führer plötzlich stehen und fragt uns, ob wir die kleine, dreistündige Führung mit einem Wasserfall oder die größere, etwa fünfstündige Führung mit zwei Wasserfällen machen wollen. Wir entscheiden uns für die größere Führung, und er stapft uns erfreut voraus. Es dauert nicht lange, bis wir den ersten Wasserfall erreichen und tatsächlich etwas Abenteuerliches passiert: Unser Guide entledigt sich seiner Schuhe und klettert über die großen Flussfelsen zu einer Stelle, wo sich das fließende Wasser zu einem kleinen Becken sammelt. Dort tummeln sich Fische, die uns eine gratis Fußmassage verpassen, verrät er uns, und schon kommen schon haufenweise kleine, dunkelgraue Fische mit Schnurrbärten, die sofort beginnen, an seinen Füßen zu saugen.

„Probier es doch auch mal“, fordert er mich auf, und ich ziehe zögernd Schuhe und Socken aus. Als ich meine Füße ins kalte Wasser gleiten lasse, fühle ich sofort die vielen kleinen Mäuler und Flossen, die meine Fußsohlen und sogar die Räume zwischen den Zehen kitzeln. Sofort ziehe ich die Füße wieder heraus – das ist ja nicht zum Aushalten! Unwillkürlich muss ich an Piranhas denken. Nach mehreren Versuchen habe ich es jedoch endlich raus und halte meine Füße ins Wasser. Und sofort kommen die Fische wieder an und fangen an, meine Füße zu bearbeiten. Hat man sein Misstrauen gegenüber kleiner fußknabbernder Fischen sowie das Kitzelgefühl erst einmal überwunden, macht das Ganze total viel Spaß. Ich könnte noch stundenlang dort sitzen, und die anderen beiden müssen mich regelrecht zwingen, mein kleines Fußretreat wieder zu verlassen. Doch wir haben ja schließlich noch einen zweiten Wasserfall zu erobern. Nach einer kleinen Mittagspause mit unserem mitgebrachten Lunchpaket brechen wir auf.

Fluss Sinharaja

Unsere gratis Wellnessbehandlung im Sinharaja Rainforest Reserve.

Unsere gratis Wellnessbehandlung im Sinharaja Rainforest Reserve.

Eine Echse tut so, als ob sie nicht da wäre.

Eine Echse tut so, als ob sie nicht da wäre.

Rote Blüte Sinharaja

Baum Sinharaja

Unser Guide in seinem Element.

Unser Guide in seinem Element.

Nach etwa einer halben Stunde erreichen wir einen größeren Fluss, an dem bereits eine andere Gruppe Rast macht. Wir ziehen unsere Kleider aus und folgen unserem kleinen Guide in Badesachen über die glitschigen Felsen zu dem großen Wasserfall. Dieser braust tosend in ein geräumiges Becken, das tief genug ist, um darin zu Schwimmen. Unser Guide fackelt nicht lange und springt von einem größeren Felsen ins Wasser, schwimmt bis zum Wasserfall und zieht genüsslich seine Bahnen. Wir folgen ihm, allerdings nicht ganz so elegant. Dabei werden wir von einer Gruppe jüngerer Männer beobachtet, was ein wenig störend ist.

Nachdem wir uns ausreichend abgekühlt haben, machen wir uns an das letzte Stück unserer Wanderung. Auf dem Rückweg kommen wir noch einmal an der kleinen Holzbrücke vorbei. Unser Guide springt noch einmal ins Gebüsch und ruft uns nach kurzer Zeit herbei: Tatsächlich hat er die Schlange doch noch entdeckt. Stolz auf sein gutes Gespür präsentiert er uns das etwa 30 cm lange, leuchtend grüne Exemplar.Guide Sinharaja

Am Ausgang gibt es noch ein gemeinsames Abschiedsfoto und damit endet unsere Wanderung durch das Sinharaja Rainforest Reserve. Am nächsten Tag wird unsere Rollertour uns ins 150 km entfernte Haputale führen, von wo aus wir den Horton Plains Nationalpark besuchen wollen.

Gut zu wissen:

  • Das Sinharaja Rainforest Reserve kann über drei Eingänge erreicht werden: Kudawa, Pitadeniya und Deniyaya/ Morning Side Estate.
  • Es lohnt sich, morgens im Hostel ein Lunchpaket einzupacken zu lassen. So könnt ihr im Regenwald gemütlich zu Mittag essen.
  • Aufgrund der Blutegelgefahr sind feste Schuhe empfehlenswerter als Sandalen.
  • Aus irgendeinem Grund gibt es im Sinharaja Rainforest keine Moskitos- sehr angenehm!
  • Das Wasser am Wasserfall ist super sauber und lädt zum Schwimmen ein – Badesachen und Wechselkleidung einpacken!

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