Neulich auf dem Bauernhof. Etwa ein Dutzend Städter, mit Plastiktüten, Küchenmessern und Gummistiefel ausgerüstet, stapft selig über ein Gemüsefeld, bückt sich mal hierhin, kniet sich mal dorthin, und sammelt liegengebliebenes Gemüse vom Boden auf. Das ganze nennt sich dann Stoppeln und macht ziemlich Spaß.
Während Bauer Hannen vom Lammertzhof in Kaarst uns geduldig erklärt, welche Felder wir betreten dürfen und welche nicht, können wir es kaum erwarten, endlich mit der Nachlese zu beginnen. Rote Bete, Radieschen, Fenchel, Salat, Brokkoli, Blumenkohl und Kartoffeln: Das alles werden wir im Laufe des Tages einsammeln und mitnehmen – vollkommen gratis. Bei dem Gemüse handelt es sich allerdings nicht um das, welches einem im Supermarkt oder im Hofladen des Biobauernhofs zum Kauf angeboten wird. Das Gemüse, was wir hier „stoppeln“, ist augenscheinlich nicht schön, nicht groß oder nicht gerade genug, um in den Verkauf zu gehen. „Die Bio-Kunden sind besonders wählerisch“, meint Hannen. „Die nehmen kein Gemüse, das Druckstellen hat oder nicht schön gewachsen ist. Schließlich bezahlen sie ja auch mehr, da wollen sie dann auch was bekommen für ihr Geld.“ Während wir uns über das Rote-Bete-Feld hermachen, erklärt er uns, dass man auch die Blätter der Roten Bete verzehren kann. Die grünen Blätter mit den tiefroten Stängeln landen aus Unwissenheit meist im Müll, dabei kann man sie wunderbar mit Butter und Zwiebeln anmachen und wie Spinat oder Mangold zubereiten.
Weiter geht’s zum Brokkolifeld – das ist ein bisschen aufregend, da ich mein Lieblingsgemüse noch nie in freier Wildbahn geerntet habe. Auch der Brokkoli ist viel zu mickrig für den Verkauf. Nach der ersten Ernte wachsen nur noch winzige Röschen in der Mitte und an den Seitentrieben, dafür kann der Bauer kein Geld verlangen. Dabei eignen sich die kleinen Röschen, die wir bei der Nachlese ernten, perfekt für eine Asiapfanne, wie uns Hannen erklärt. Recht hat er. Beim Blumenkohl sieht’s ähnlich aus: Ab und zu findet sich noch ein schöner, großer Kohl, doch die meisten sind klein oder leicht verfärbt. Sobald die Blüten sich lila verfärben oder beginnen, sich zu öffnen, sind sie in der Regel nicht mehr genießbar.
„Kann eigentlich jeder hierher kommen und stoppeln?“, frage ich Herrn Hannen. „Natürlich würde ich am liebsten alles verschenken, aber ich muss ja auch an mich und meine Familie denken“, sagt er und lacht. „Wenn ich meinen Kunden im Hofladen davon erzählen würde, würde ich vermutlich nichts mehr verkaufen.“ Das stimmt auch wieder. Wir haben schon ein Privileg, hier herumzulaufen und uns bei der Nachlese kostenlos Gemüse aus dem Feld zu picken. Andererseits würde das Gemüse sonst im Müll, im Häcksler oder im Viehtrog landen. So haben alle etwas davon.
Am Ende ist die Ausbeute unserer Nachlese jedenfalls ganz schön groß. Größer als wir gedacht hätten. Einen Großteil der Ernte haben wir übrigens an Lebensmittel-Verteiler ausgeliefert. In Köln-Ehrenfeld gibt es zum Beispiel das Allerweltshaus in der Körnerstraße. Hier kann man überschüssige Lebensmittel abgeben – etwa weil man in den Urlaub fährt – und jemand anderem eine Freude machen. Andersherum kann man sich aber auch Lebensmittel mitnehmen. Eine gute Sache im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung , wie ich finde. Im Herbst bin ich auf jeden Fall wieder bei der Nachlese dabei!
Mehr Lebensmittel-Verteiler findet ihr auf Lebensmittelretten.de.
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